Das Amtsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 26. März 2014 entschieden (Az.: 42 C 4743/13), dass ein Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Geschädigten nur dann nicht übernehmen muss, wenn es sich eindeutig um einen sogenannten einfach gelagerten Fall handelt.
Geklagt hatte ein pharmazeutischer Betrieb, dessen Firmenfahrzeug in einen Unfall verwickelt worden war. Das Auto des Beklagten war bei einem Überholvorgang ins Schleudern geraten, gegen eine Leitplanke geprallt, um anschließend auf die Fahrspur zu schleudern, auf dem sich das klägerische Fahrzeug befand. Dort kam es dann zu einer Kollision beider Fahrzeuge.
Kurz nach dem Unfall beauftragte die Klägerin einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen, zumal zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließen war, dass ihr Fahrer möglicherweise eine Unfallverletzung davongetragen hatte.
Der gegnerische Versicherer erklärte sich zwar dazu bereit, in vollem Umfang für die Folgen des Unfalls aufzukommen. Er weigerte sich jedoch, die Anwaltskosten zu übernehmen. Nach seiner Meinung war dessen Beauftragung nicht erforderlich, denn es habe sich um einen sogenannten „einfach gelagerten Fall“ gehandelt. Die Klägerin habe durch die Einschaltung des Anwalts daher gegen ihre Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen.
Das Stuttgarter Amtsgericht sah das anders und gab der Klage des pharmazeutischen Betriebes auf die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich Zinsen statt.
Nach richterlicher Ansicht gehören zu den Schadenpositionen, die ein Schädiger einem Geschädigten gemäß § 249 BGB zu erstatten hat, grundsätzlich auch Kosten der Rechtsverfolgung und somit auch vorgerichtliche Anwaltskosten. Dies setzt lediglich voraus, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich war. Dieses Erfordernis ist nicht gegeben, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt, der Geschädigte geschäftlich erfahren ist und die Schadenregulierung nicht verzögert wird.
Ferner besteht eine Pflicht zur Erstattung der Anwaltskosten nicht, wenn aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger beziehungsweise sein Versicherer ohne Weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen wird – und zwar sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
Das Gericht ging von einem solchen einfach gelagerten Fall jedoch nicht aus, da angesichts die Klägerin des Unfallhergangs nicht von vornherein annehmen musste, dass der Versicherer des Unfallgegners seiner Einstandspflicht nachkommen werde, ohne Einwände zu erheben.
Insbesondere galt das für Schadenpositionen wie Vorhalte- und Betriebskosten sowie der nicht auszuschließenden Tatsache, dass der Fahrer der Klägerin möglicherweise Unfallverletzungen davongetragen hatte. Als pharmazeutisches Unternehmen war die Klägerin im Übrigen nicht mit der Abwicklung derartiger Schadenfälle vertraut. Sie hat folglich nicht gegen ihre Schadenminderungs-Pflicht verstoßen, als sie einen Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragte.
Das Landgericht Mannheim als auch das Amtsgericht Frankfurt kamen in vergleichbaren Fällen zu der gleichen Einschätzung wie das Stuttgarter Amtsgericht.