Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Urteil vom 3. Juli 2013 entschieden (Az.: 20 U 226/12), dass ein Kraftfahrzeugkaskoversicherer sich nach dem Autodiebstahl nicht auf eine Gefahrerhöhung berufen kann, wenn der Versicherte den Fahrzeugschein im Handschuhfach seines Autos aufbewahrt hat.
Bei dem beklagten Versicherer hatte der Kläger für seinen Personenkraftwagen eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen. Nach Diebstahl seines Fahrzeugs stellte sich heraus, dass er den Fahrzeugschein schon immer im Handschuhfach des Autos aufbewahrt hatte. Der Versicherer sah darin eine Gefahrerhöhung und weigerte sich daher, den Schaden zu regulieren, da Dieben mithilfe der Zulassungsbescheinigung das Veräußern eines gestohlenen Fahrzeugs erleichtert würde. Ein im Auto zurückgelassener Fahrzeugschein könne einen Dieb außerdem zur Entwendung des Fahrzeugs motivieren.
Die Richter des Hammer Oberlandesgerichts sahen das anders und gaben der Klage des Versicherten auf Ersatz des ihm durch den Diebstahl entstandenen Schaden statt. Nach Meinung des Gerichts stellt die Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere in einem versicherten Fahrzeug nämlich keine Gefahrerhöhung im Sinne von § 23 Absatz 1 VVG dar.
Zwar stimmten die Richter mit dem Versicherer darin überein, dass dem Dieb die Veräußerung eines gestohlenen Fahrzeugs erleichtert wird, wenn er im Besitz des Fahrzeugscheins gelangt. Nach der Lebenserfahrung sei aber nicht davon auszugehen, dass das Zurücklassen eines von außen nicht sichtbaren Fahrzeugscheins in einem Auto einen zur Totalentwendung noch nicht entschlossenen Täter dazu motiviert, den Wagen zu stehlen.
Wenn es dem Täter von vornherein nur darauf ankommt, einzelne Gegenstände aus dem Fahrzeuginneren zu entwenden, so hat er typischerweise noch keine Vorsorge für das Wegschaffen bzw. gegebenenfalls die Verwertung des Fahrzeugs geschaffen, so dass die spontane Entwendung des kompletten Fahrzeugs für ihn ein erhebliches Risiko mit sich brächte, welches erfahrungsgemäß nicht eingegangen wird.
Im Falle eines spontanen Fahrzeugdiebstahls ist das Zurücklassen eines Fahrzeugscheins folglich nur als unwesentliche, vom Versicherungsschutz von vornherein umfasste Risikoerhöhung anzusehen.
Daher wurde der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Im Juli 2010 war das OLG Oldenburg in einem ähnlichen Fall zu einem vergleichbaren Urteil gelangt. Die Richter kamen seinerzeit zu dem Ergebnis, dass es für einen vorher gefassten Diebstahlentschluss nicht ursächlich ist, wenn sich für den Täter nicht sichtbar die Zulassungsbescheinigung im Fahrzeug befindet.
Hingeben war das OLG ganz anderer Meinung. In einem Urteil vom 9. August 2007 heißt es, dass das dauerhafte Verwahren des Kfz-Scheins im Handschuhfach oder überhaupt im Pkw eine Änderung der Gefahrenlage darstellt, die sich nicht mehr innerhalb der Bandbreite des vom Versicherer mit Vertragsabschluss übernommenen Durchschnittsrisikos hält. Es ist dem Versicherer nicht zuzumuten, dass dieses Risiko von vornherein als in die Kfz-Kaskoversicherung einkalkuliert betrachtet wird.