Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 15. April 2014 (Az.: 12 U 149/13) entschieden, dass Personen, die mit ihrem Fahrzeug auf einer für das Publikum geöffneten Rennstrecke in eine Leitplanke krachen, in der Regel keinen Schutz über ihre Vollkaskoversicherung haben.
Der Kläger und Unternehmer hatte mit seinem Firmenwagen, einem Porsche 911 GT3, an einem freien Fahren des Deutschen Sportfahrerkreises auf dem Nürburgring teilgenommen. Dabei war er mit einer Geschwindigkeit von circa 115 Stundenkilometer in eine Leitplanke gekracht. Er verlangte von seinem Kraftfahrzeug-Kaskoversicherer den Ersatz des Fahrzeugschadens in Höhe von ca. 20.000 Euro. Da er bei dem Versicherer gleichzeitig auch eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, sollte dieser auch den Schaden an der Leitplanke bezahlen.
Der Versicherer lehnte die Zahlung ab. Bezüglich des Haftpflichtschadens berief er sich auf eine Klausel in den Versicherungs-Bedingungen, in der es unter der Überschrift „Genehmigte Rennen“ heißt: „Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, entstehen. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Die Regulierung des Fahrzeugschadens übernahm der Versicherer auch nicht. In den Bedingungen zur Kaskoversicherung heißt es ergänzend: „Darüber hinaus besteht kein Versicherungsschutz für jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (zum Beispiel bei Gleichmäßigkeitsfahrten, Touristenfahrten). Versicherungsschutz besteht jedoch für Fahrsicherheits-Trainings.“
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass ihm Versicherungsschutz zu gewähren sei. Denn weil in den gleichen Versicherungs-Bedingungen in den Bereichen für die Kraftfahrzeug-Haftpflicht und -Kaskoversicherung abweichende Risikoausschluss-Klauseln verwendet würden, seien die Klauseln intransparent und überraschend.
Die Karlsruher Richter gaben der Klage nur bezüglich des Versicherungsschutzes der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung statt. Es handelt sich bei der Kraftfahrtversicherung um eine in einem Versicherungsschein zusammengefasste Mehrzahl selbstständiger Verträge. Daher sind die Bereiche der Gefahrerhöhungen, der Anzeigepflicht- und Obliegenheits-Verletzungen sowie die Risikoausschluss-Klauseln für die jeweilige Sparte jeweils getrennt zu prüfen.
Ferner entsprächen die von dem Versicherer verwendeten Klauseln dem üblichen Inhalt allgemeiner Versicherungs-Bedingungen. Sie seien daher für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht als überraschend anzusehen. Die Klauseln sind darüber hinaus ohne Weiteres auch aus sich heraus verständlich. Denn sie sehen sowohl für die Kraftfahrzeug-Haftpflicht- als auch für die Kaskoversicherung grundsätzlich einen Risikoausschluss für auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit angelegte Fahrtveranstaltungen und zugehörige Übungsfahrten vor.
In der Kaskoversicherung wird der Risikoausschluss darüber hinaus auf sämtliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken ausgedehnt, und zwar auch dann, wenn es nicht auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt.
Daher kann es offen bleiben, ob es sich im Fall des Klägers um ein Rennen beziehungsweise eine zugehörige Übungsfahrt gehandelt hat. Denn es liegt jedenfalls eine Fahrt auf einer Motorsport-Rennstrecke vor, auf welche die Ausschlussklausel anzuwenden ist.
Im Übrigen hat der Kläger hat auch nicht an einem vom Risikoausschluss ausgenommenen Fahrsicherheitstraining teilgenommen. Nach dem allgemeinen Wortverständnis setzt das nämlich die Anwesenheit zumindest einer Person voraus, welche die Teilnahme am Training anleitet, das Fahrverhalten der Teilnehmer beobachtet und Hinweise gibt, um festgestellte Fahrfehler zu vermeiden beziehungsweise das Fahrverhalten zu optimieren. Das war in der entschiedenen Sache jedoch nicht der Fall.
Somit besteht daher kein Versicherungsschutz im Rahmen der Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung.
Jedoch hat der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Haftpflicht-Versicherungsschutz. Denn der Versicherer ist den Beweis dafür schuldig geblieben, dass es bei der Veranstaltung des Deutschen Sportfahrerkreises auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankam. Die Richter hatten zwar keine Zweifel daran, dass bei einer Veranstaltung der vorliegenden Art die eingesetzten Kraftfahrzeuge einem gesteigertem Risiko unterliegen und das Fahrverhalten der Teilnehmer, etwa durch Ausbremsen anderer Fahrzeuge, Rechtsüberholen und Windschattenfahren den Anforderungen der Straßenverkehrsordnung nicht gerecht wird. Im Fall des Klägers hat jedoch unstreitig keine Wertung, Platzierung oder Zeitmessung stattgefunden. Bei der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel der Versicherungs-Bedingungen ist es daher unerheblich, dass es manchen Teilnehmern möglicherweise auch um die Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit gegangen ist, so das Gericht.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.